TS: Du hast sicher auch schon davon gehört, dass
eine Mission oftmals für die Schublade entwickelt und von vielen
Mitarbeitenden im Unternehmen eher belächelt wird. Wie stellst du
sicher, dass die Mission auch wirklich gelebt wird?
AB: Dass Missionen oft nur für die Schublade entwickelt werden, ist etwas, dass ich in der Praxis immer wieder erlebe. Wird eine Mission also nur für Image- oder Marketingzwecke entwickelt, hat sie eigentlich keine Kraft. Dasselbe gilt, wenn sie danach einfach nicht gelebt wird. Ich halte es für falsch, wenn Unternehmen diesen Weg gehen. Eine sinnstiftende Mission aber, wie ich vorher schon gesagt habe, kann eine sehr positive und grosse Wirkung auf Menschen entfalten. Den Prozess der Integration der Mission in das tägliche Handeln kann gut unterstützt werden, indem man sie mit Überzeugung über alle verfügbaren Kommunikationskanäle klar kommuniziert und immer wieder in Erinnerung ruft. Letztlich muss man aber auch einen Abgleich mit der Ist-Situation machen, um zu überprüfen, wo die derzeitige Realität mit der Mission kollidiert und was man ändern muss, damit die Werte der Mission auch wirklich das unternehmerische Handeln prägen.
Leben Menschen mit unterschiedlichen Nationalitäten und Kulturen eine gemeinsame Mission?
TS: Ich stelle mir vor, gerade in produzierenden
Unternehmen, wo Menschen mit unterschiedlichen Nationalitäten und
Kulturen täglich zusammenarbeiten, es herausfordernder ist, eine
gemeinsame Mission zu leben oder täuscht das?
AB: Es ist immer eine grosse Herausforderung, Werte
von Menschen zu harmonisieren. Sind Mitarbeitende aus vielen
verschiedenen Kulturen zu führen und zu koordinieren, macht das die
Aufgabe sicher nicht einfacher. Das muss aber nicht unbedingt so sein,
denn letztlich ist es der Charakter der Menschen, also mehr ihre
Offenheit und Anpassungsfähigkeit, die bestimmt, ob neue Werte
angenommen und integriert werden, oder nicht. Es wäre aus meiner Sicht
deshalb wichtiger, die Mitarbeitenden aller Stufen möglichst gut und
früh in den Prozess der Entwicklung der Mission aktiv einzubinden. So
kann nämlich eine konstruktive Auseinandersetzung mit den Werten anderer
stattfinden und der Prozess der Harmonisierung bereits beginnen. Die
Mission wird dann von Anfang an auch "ihre" Mission, also die von allen.
Mission und Stellenabbau - wie vertragen sich die beiden?
TS: Die aktuelle Coronasituation hat viele
Unternehmen gezwungen, völlig neue Wege zu gehen und sicher im ein oder
anderen Unternehmen auch dazu geführt, dass Stellen abgebaut werden
mussten. Wie wird in einer solchen Situation mit einer Mission
umgegangen?
AB: Ja, Corona hat unsere Leben ziemlich
durcheinandergebracht. Wenn in Krisenzeiten Stellen abgebaut werden
müssen, betrachte ich das als eine ausserordentliche Situation.
Mitarbeitende, die von einem solchen Stellenabbau betroffen sind, werden
das bis zu einem gewissen Grad also auch verstehen und akzeptieren
können. Ein Abbau muss mit der Mission ja aber auch nicht automatisch
kollidieren. Wichtig ist für mich eher, dass die Unternehmung auf ihr
Vorgehen bezogen, also das Wie, nicht völlig gegen die Werte ihrer
Mission handelt. Zusätzlich kann sie die betroffenen Mitarbeitenden
aktiv bei der Stellensuche unterstützen und dabei auch unkonventionelle
Wege gehen. Mitarbeitende an andere Unternehmen auszuleihen, mit anderen
Unternehmen zusammen Vorstellungsnachmittage oder Job-Foren zu
veranstalten, Job-Coaches und eine Mitarbeiterbetreuung zur Verfügung zu
stellen, oder ähnliches, sind hier denkbare Unterstützungsmassnahmen.
Thema der Nachhaltigkeit wichtig in einer Mission?
TS: Last but not least die Frage, wie wichtig ist es
in der heutigen Zeit, dass eine Mission auch einen Gedanken an die
Nachhaltigkeit, das Thema der Weltverbesserung, integriert haben muss
und wie stellst du sicher, dass dieser Aspekt in den Köpfen der Menschen
im Unternehmen verankert wird? Schliesslich betrifft dieser Aspekt ja
nicht nur ihre tägliche Arbeit, sondern ihr Grundverhalten.
AB: In meiner Arbeit lege ich Wert darauf,
Unternehmen so zu beraten, dass sie ganzheitlich planen und handeln.
Dass Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit für sich klären, halte ich
deshalb für sehr wichtig. Das Problem ist hier aber, dass Nachhaltigkeit
alleine nicht viel aussagt. Es muss im Zuge der Entwicklung der Mission
also geklärt werden, was Nachhaltigkeit für das Unternehmen konkret
bedeutet. Letztlich braucht es hier klar definierte Inhalte. Zur
erfolgreichen Umsetzung einer so verstandenen Mission gilt aus meiner
Sicht dann wieder das, was ich zuvor schon in Bezug auf die
sinnstiftende Mission gesagt habe. Weil das Thema Nachhaltigkeit aber
sehr komplex ist, muss man hier mehr Energie in den gesamten Prozess
investieren. Möglicherweise wird hier ja das Unternehmen fundamental neu
ausgerichtet. Deshalb ist es aus meiner Sicht umso wichtiger, dass
möglichst viele Mitarbeitende aller Stufen möglichst früh und aktiv in
den ganzen Prozess eingebunden werden. Der künftige Umgang des
Unternehmens mit dem Thema Nachhaltigkeit kann sich so durch das gesamte
Unternehmen hindurch möglichst früh und Schritt für Schritt in den
Köpfen der Mitarbeitenden verankern.
TS: Danke für das interessante Interview.